Unser Mitglied Rainer Leyendecker, der im Herbst 2007 mit ambitioniertem Freizeitlaufen und Wettbewerben anfing, reizte nach einigen Marathons in 2008 und Ultras in 2009 die Erfahrung von Sechs-Stundenläufen. Wie kann es Spaß machen, für so lange Zeit immer wieder die gleichen um die 1.500 m langen Runden in einem Park zu drehen - und wie teilt man sich so einen langen Lauf gut ein, um bis zum Ende durchzuhalten? Um das hautnah zu erleben, nahm er am 13. und 21. März an den 14. Auflagen der Sechs-Stundenläufe in Nürnberg und in Ottobrunn teil - beide mit einem auf 160 bzw. 70 Läufer/innen begrenztem Starterfeld. Während der Nürnberger Lauf auf bundesweites Interesse stößt, ist der Ottobrunner Lauf mehr für bayerische Athleten und Stammläufer bekannt. Diese Läufe dienten auch zur Vorbereitung einer Trilogie von Ultra-Marathons in der Westpfalz und am Rennsteig.
Während es in Nürnberg auf der flachen kurvenarmen Strecke in den Wöhrder Wiesen kaum über null Grad und windig, aber trocken war, regnete es auf der welligen und kurvigen Strecke in Ottobrunn beim Phönixbad die ersten 2 Std. bei einigen Plusgraden. Die innere Einstellung vieler, so ist das Wetter halt und es ist für alle gleich, ließ das erstrebenswerte Ziel kaum aus den Augen verlieren. Ein Teil der Läuferschar hatte als Ziel die magische 50 km Marke im Auge, andere strebten über 60 oder 70 und ganz wenige gar 80 km an. Da Rainer seine Läufe gerne schnell angeht, hatten bei beiden Rennen für ihn auch die offiziellen 50 km Zwischenzeiten große Bedeutung. So lag er in Nürnberg mit 3:37 Std. (bisher in diesem Jahr die 15-beste 50 km-Zeit in der Bestenliste deutscher Läufer) noch in Führung und in Ottobrunn mit 3:46 Std. an 5. Stelle - wohl wissend, dass er gegen Ende langsamer als andere schnelle Läufer werden würde.
Dennoch reichte es in Nürnberg zum 3. Platz mit 77,1 km (die Vorplatzierten schafften 79 km; bisher heuer 5. Position unter den besten Deutschen über 6 Std.) und in Ottobrunn zum 4. Platz mit 75,8 km (die Vorplatzierten schafften bis zu 78 km). Beide Male wurde er in seiner Altersklasse der Männer von 50-54 Jahre Bester. Als besonders erlebenswert bewertete er, dass bei solchen Läufen immer Kontakt zu den Mitlaufenden bzw. Betreuenden und Rundenzählenden besteht, mit denen man beim Überholen oder Überholtwerden bzw.an der Verpflegungs- und Zählstation ein Schwätzchen halten kann. So ist man nicht stundenlang allein unterwegs, sondern kann beim Laufen auch soziale Kontakte pflegen - und diese nach dem Lauf beim gemütlichen Beisammensein mit Speis und Trank und bei der Siegerehrung noch vertiefen.
2. Trilogie Teil 1 - Bärenfelslauf in der Westpfalz – Berg-Ultra-Marathon
Vom Anspruch und Durchhaltevermögen ganz andere Ultras nahm sich Rainer für die 1. Mai-Hälfte vor: Es ging ihm um drei sich an Länge, Schwierigkeit und Höhenmetern (Hm) steigernden Berg-Ultras. Am "Tag der Arbeit", dem 1. Mai, arbeitete er beim 3. Bärenfelslauf in der Westpfalz 4:27 Std. lang, um einen Parcours von 10,5 km mit 340 Hm 5x , also 52,5 km mit 1.700 Hm, zu meistern -teils auf Forstwegen, teils auf steilen Pfaden und bei nasskaltem Wetter. Rainer finishte an 2. Position - 10 Minuten hinter dem rennerfahrenen Favoriten René Strosny. Insgesamt kamen bei diesem familiären Lauf-Event 35 Läufer/innen ins Ziel.
3. Trilogie Teil 2 - Rennsteig - Supermarathon
Eine Woche später stand die 38. Auflage des Rennsteig Supermarathons auf seinem Programm - mit rund 2000 Teilnehmenden der größte und beliebteste Crosslauf Europas (dazu kamen noch Halb- und Vollmarathon-Bewerbe, die um 10.000 Athleten anzogen). Die 73 km lange Strecke von Eisenach verläuft über den Rennsteigkamm mit insgesamt 1.500 Hm bergan und 1.000 Hm bergab bis nach Schmiedefeld - überwiegend auf Forstwegen durch den Thüringer Wald. Nach tagelangem Regen blieb es zum Glück für alle Aktiven und Leute an der Strecke trocken und kamen über1.870 Läufer/innen ins Zielstadion. Rainer errang durch einen beherzten, aber auch gut eingeteilten Lauf mit 6:20 Std. den 51. Platz und wurde 5. von fast 300 Männern seiner Altersklasse. Zum 4. Mal in Folge gewann mit 5:23 Std. der superstarke Oberallgäuer Christian Stork.
4. Trilogie Teil 3 - Durch die Preußischen Berge – Ultratrail-Marathon
Zum Finale seiner Trilogie am 15. Mai wählte Rainer einen experimentellen Lauf aus. Ein begeisterter Ultraläufer lud via Internet ein zu einem Selbstversorgerlauf in der Westpfalz durch die sog. Preußischen Berge: 85 km mit 2800 Hm galt es zu bezwingen, teils auf Forstwegen und teils auf Pfaden oder durch weglose Wald- und Wiesenstücke. Alles an benötigter Ausrüstung und Verpflegung war im Laufrucksack mitzunehmen, an 4 Getränke- und Kontrollstellen gab es lediglich Wasser oder Sprudel zum Nachfüllen der Trinkflaschen. Erstaunlich war, dass sich über 100 Läufer/innen aus ganz Deutschland für diesen Lauf anmeldeten und ins unbekannte Dörfchen Reichweiler anreisten.
Die Strecke verlief in 2 großen Schleifen durch die Natur, berührte sonst keinerlei Dörfer und verlangte große Vorsicht beim Laufen nach tagelangem Regen und Konzentration auf Markierungen durch Farbpunkte an Bäumen und kleine Flatterbänder an Baumästen. Dennoch gelang es fast allen schnellen Läufern, sich mehrmals richtig gut zu verlaufen, so dass sie umkehren und nach den Markierungen suchen mussten. Auch Rainer hatte 2x diese leidvolle Erfahrung zu ertragen, büßte um die 30 Min. ein, fiel beide Male vom 3. Platz zurück und hatte ab km 55 nicht mehr den Biss, zügig zu laufen. Er zog es vor, zu traben bzw. an steilen Passagen zu gehen - was bei solchen Bergläufen durchaus üblich ist.
So kam Rainer nach 9:43 Std. erst als 8. Läufer ins Ziel, während sich die beiden Favoriten durch Verlaufen auch mehrmals an der Spitze ablösten - aber am Ende war Petru Muntenasu in 8:32 Std. mit 10 Min. Vorsprung auf René Strosny der glückliche Gewinner. Auch alle anderen, die später nach bis zu 15 Std. das Ziel erreichten und nicht aufgaben, durften sich als Sieger fühlen. Denn es galt, auf den sog. Single Trails durch nasse Wiesen, über umgestürzte Bäume, entlang steiler Hangpfade, durch Schluchten, Dickicht und Bäche zu laufen und aufgelassene Steinbrüche zu queren - immer Ausschau haltend nach dem richtig markierten "Weg". Am Ziel im Sportheim gab es abends bei guter Verpflegung reichlich Stoff zum Erzählen und Fachsimpeln.
5. Neue Pläne
Und wie es bei vielen Läufer/innen zu sein scheint: "Nach dem Lauf ist vor dem Lauf. " So tauschten sie auch ihre Visionen und Pläne für die kommenden Monate aus und freuten sich schon auf ihre nächstenTreffen zu Ultraläufen. Rainer will über Sommer an flachen bis bergigen 100 km Läufen teilnehmen. Wir sind schon gespannt.